열녀 die tugendhafte frau titel

열녀 Die tugendhafte Frau

Der Begriff

Der Konfuzianismus basierte auf strengen Regeln bezüglich des Zusammenlebens, eine davon war Samjong (Samjongjido). Sie bedeutet: „Bevor Frauen heiraten, müssen Sie Ihrem Vater gehorchen, nach der Heirat müssen Sie Ihrem Ehemann gehorchen, und wenn Ihr Ehemann stirbt, müssen Sie Ihren Söhnen gehorchen.“ Samjong stellt Frauen in der Familie unter die Kontrolle von Männern und dient dazu, die patriarchale Ordnung aufrechtzuerhalten.1

Eine weitere Grundlage ist das Sprichwort „Ein treuer Untertan dient nicht zwei Königen und eine ‚tugendhafte Frau’ nicht zwei Ehemännern“2 aus der Zeit der Streitenden Reiche in China (zwischen 475 v. Chr. und 221 v. Chr.).

Die Bedeutung „tugendhafte Frau“ (Yeolnyeo 열녀) bezog sich zunächst auf eine Frau, die nach dem Tod ihres Mannes nicht wieder heiratete, wurde aber nach und nach zu einer Frau, die ihren Körper verstümmelte oder Selbstmord beging, um ihre Keuschheit aufrechtzuerhalten.3

Mit der Gründung Joseons im Jahr 1392 wurde der Begriff Yeolnyeo „tugendhafte Frau“ immer extremistischer und zu einer frauenverachtenden Ideologie.

Frau war yeolnyeo, wenn frau….4

  • nicht noch einmal heiratet, nachdem der Ehemann gestorben ist
  • stirbt, nachdem der Ehemann gestorben ist
  • für ihren Ehemann stirbt
  • als Frau getötet wird, während sie sich einer Vergewaltigung widersetzt, oder Selbstmord begeht, um die Gefahr zu vermeiden, vergewaltigt zu werden oder einfach aus Scham (wegen was auch immer)
  • Selbstmord begeht, nachdem sie den Ehemann gerächt hat (nach seiner Ermordung)
  • Selbstmord begeht um eine Wiederverheiratung zu vermeiden oder um die Treue zum verstorbenen Ehemann zu beweisen
  • sich selbst verstümmelt, sich Narben zufügt, sich Finger abschneidet oder sich in das Oberschenkelfleisch schneidet,
    • um den Ehemann zu retten
    • oder um sich selbst unattraktiv zu machen, um dadurch einer Wiederverheiratung zu entgehen oder um generell unattraktiv für andere Männer (außer ihrem Ehemann) zu sein.

Eigentlich war das einzig wirklich ehrenhafte (yeol), was eine Frau in Joseon tun konnte, sich umzubringen. Allerdings war es für eine Frau nicht das Ideal, das der Konfuzianismus ursprünglich empfahl, durch den Tod eine „tugendhafte Frau“ zu werden.5

Geschichtliches

Vor Joseon

Vor der Gründung Joseons und der Einführung des Konfuzianismus als Staatsglaube, gab es kaum Aufzeichnungen über „tugendhafte Frauen“, wahrscheinlich weil dieses konfuzianische Ideal nicht so wichtig war. Frauen waren vor der Gründung Joseons und der Einführung des Konfuzianismus als Staatsideologie nahezu gleichberechtigt.6


Queen Woo“, die in der Zeit der drei Königreiche lebte (sie starb 197 n. Chr.) konnte Königin bleiben, weil sie nach dem Tod ihres Ehemannes, des Königs, dessen Bruder heiratete. Damals gab es ein Gesetz, das denjenigen zum König machte, der die Witwe des vorherigen Königs heiratete. Dies zeigt, dass in dieser Zeit Frauen deutlich mehr Macht und Rechte hatten, als später. Doch sollte es noch etwa 1000 Jahre dauern, bis die Rechte von Frauen in der Joseon-Dynastie massiv eingeschränkt wurden.

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In „A History of Women in Gwangju”7 erwähnt Ko Bo-Hye:

„Der Begriff ‚Yeolnyeo‘ kam mit der Akzeptanz des Neokonfuzianismus am Ende der Goryeo-Dynastie (vor der Gründung Joseons 1392) in Gebrauch.[…]
Während der Goryeo-Dynastie (918 – 1392) […] zog ein Ehemann oft in das Haus seiner Frau und lebte bei seinen Schwiegereltern. […] Es gab auch Fälle, in denen der Ehemann aus dem Haus der Eltern seiner Frau auszog, aber immer noch in deren Nähe lebte. Diese Wohnformen stehen im Zusammenhang mit […] familiären Normen der Goryeo-Dynastie, wie den engen Verbindungen eines Paares zu den Familien des Mannes und der Frau und der gleichmäßigen Aufteilung des Erbes unabhängig vom Geschlecht. […]
Während der Goryeo-Dynastie diskutierten Frauen aktiv und äußerten ihre Meinung, wobei sie relativ gleichen Status und Rechte wie ihre Ehemänner hatten.“8

Doch der sollte mit der Verbreitung des Konfuzianismus als Staatsideologie in der Joseon-Ära ein Ende finden.


Die Geschichte von Empress Ki spielt gegen Ende der Goryeo-Ära. Hier haben wir eine starke Frau, die als Trostfrau nach China verschleppt wird, aber dennoch Kaiserin wird. Auch der König von Goryeo liebt sie und möchte sie nicht gehen lassen – obwohl sie als Trostfrau verschleppt worden war. Würde die Geschichte zur Zeit Joseons spielen, müsste er sie verbannen und enttäuscht von ihr sein, weil sie sich nicht das Leben nahm.

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Joseon

Joseon war eine neokonfuzianische Gesellschaft, in der jeder Aspekt des Lebens von der neokonfuzianischen Ethik bestimmt wurde.9 Frauen wurden dazu erzogen, ihren Eltern und Schwiegereltern gegenüber untertänig und ihren Ehemännern treu zu sein, ihrem Vater vor der Heirat zu gehorchen, ihrem Ehemann während der Ehe zu gehorchen und ihren Söhnen als Witwen zu gehorchen.10

Die Joseon-Dynastie begann im Juli 1392 und dauerte bis zum letzten König von Joseon, 1910.11

Das Joseon-Gesetzbuch12 aus dem Jahr 1485, enthielt ein „Verbot der Wiederverheiratung von Witwen“13 und legte Strafen für wiederverheiratete Witwen fest. Wiederverheiratete Witwen konnten zum Tode verurteilt werden.

Allerdings war dies zunächst auf die Adelsschicht beschränkt. Unter Menschen, deren Hauptbeschäftigung die Landwirtschaft war, kam es häufig zu Wiederverheiratungen, da es unmöglich wurde, die Landwirtschaft ohne einen der Ehegatten fortzusetzen. Joseon übernahm den Konfuzianismus als nationale Ideologie, aber die Denkweise des einfachen Volkes ließ sich lange nicht davon beeinflussen.14 Man muss bedenken, dass Frauen aus den Oberschichten nicht arbeiteten. Die Arbeit erledigten Bedienstete oder Sklaven. Eine adlige Witwe, die nicht mehr heiraten durfte und deshalb auch keine Kinder mehr in die Welt setzen konnte, war einfach nur ein Esser mehr. Es war auch wirtschaftlich sinnvoll, so gesehen, wenn sie sich das Leben nahm. Beim einfachen Volk war es nicht günstig, wenn sich eine Frau das Leben nahm, denn sie musste ja arbeiten. Eine tote Frau konnte das nicht.

Die Joseon-Dynastie führte die sogenannte Jeongpyo-Politik ein, um „tugendhafte Frauen“ zu belohnen und so die konfuzianistische Sicht auf Frauen zu fördern. Jeongpyo bedeutet, gute Taten zu loben und viele Menschen darüber zu informieren.15 Königliche Gesandte reisten deshalb durchs gesamte Land und sammelten Geschichten über Menschen, die sich besonders auszeichneten und die neue konfuzianische Ethik besonders gut befolgten.16 Die Familien der „tugendhaften Frauen“ erhielten dann Geschenke (Waren), Befreiungen von Steuern oder Pflichten, und/oder Regierungsposten.

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Damit alle von den „tugendhaften“ Menschen erfuhren, wurden Hinweise errichtet. Das Jeongmun (Haupttor 정) und Jeongryeo sind rote Tore, die vor den Häusern oder Dörfern ehrenhafter Söhne, Königstreuen und „tugendhafter Frauen“ errichtet wurden. Sie werden auch Hongsalmun (rotes Tor), Jakseolmun, Doseolmun und Hongmun (rotes Tor) genannt. Es handelte sich um die höchste Anerkennungsstufe, die nach Prüfung mit Zustimmung des Königs verliehen wurde.17 Dazu mehr im Extra-Artikel über Yeolnyeomun).

Die Zahl „tugendhafter Frauen“ stieg in der späten Joseon-Dynastie rasch an, da die Regierung diejenigen mit „tugendhaften“ Taten nun unabhängig ihres sozialen Standes aktiv belohnte. Und so drang im Laufe der Zeit die Ideologie „tugendhafter Frauen“ von der Oberschicht in die Unterschicht vor.18 Tatsächlich wurden viele Frauen schon in jungen Jahren Witwen und heirateten für den Rest ihres Lebens nicht wieder. Infolgedessen wurden viele Berichte über „tugendhafte Frauen“ von Beobachtern aus dem ganzen Land veröffentlicht.19

In der späten Joseon-Dynastie entstand ein Brauch, bei dem Frauen die Keuschheit höher schätzten als das Leben.

Bei der japanischen Invasion in Korea (1592–1598) und den Mandschu-Kriegen (1627 und 1636) zeigte sich dieses neue „tugendhafte Bewusstsein“ besonders stark. Während in der frühen Joseon-Dynastie hauptsächlich Frauen belohnt wurden, die als Witwen Selbstmord begangen hatten, so starben nun die meisten Frauen, um ihre Keuschheit vor andren Männern, wie den Japanern oder Mandschus zu schützen.20

Wenn man sich die Zahl „tugendhafter Frauen“ während der japanischen Invasionen in Korea ansieht, dann ist ihre Zahl etwa dreimal so hoch wie die Zahl der „tugendhaften Söhne“ und loyalen Untertanen zusammen.21
Der ideologische Wahnsinn, der von einer „tugendhaften Frau“ verlangte sich zu töten, wurde immer extremistischer und erreichte seinen Höhepunkt tatsächlich im 19 Jahrhundert.22 Durch die konstante Propaganda der Regierung und die Geschenke, die man für jede tote Witwe oder „tugendhafte Frau“ erhielt, wurde es auch für das einfache Volk attraktiver, manche Frauen zu „überreden“ sich doch bitte das Leben zu nehmen.

Erst mit dem Ende der Joseon-Dynastie und der japanischen Besetzung Koreas, ab 1910, konnten sich langsam wieder Frauenrechte etablieren.

Serien dazu:


Die Geschichte von Frauen während und nach den Manchu-Kriegen (1627 und 1636) erzählt die Serie „My Dearest“. In ihr wird die Geschichte von einem Mann und einer Frau erzählt, die Liebende sind, aber nie zusammenkommen. Die Frau wird verheiratet, wird dann aber von den einfallenden Qing verschleppt. Wir sehen Frauen, die sich verletzen, um unattraktiv zu werden und sich das Leben nehmen wollen, weil sie vom Feind berührt wurden. Es ist zudem die erste historische Serie (meines Wissens), in welcher auch der Held keinen Wert auf Jungfräulichkeit legt, sondern seine Liebe geht ihm über alles.

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Auch Poong, The Joseon Psychiatrist 1 & 2 spielen in der Zeit nach den Manchu-Kriegen. Unsere Heldin ist eine Witwe, von der erwartet wird, dass sie sich das Leben nimmt. Des weiteren gibt es eine „Großmutter“, die von ihrem Sohn verstoßen wurde, weil sie sich nicht das Leben genommen hatte, nachdem sie von den Qing verschleppt worden war. Sie konnte sich befreien und kehrte unversehrt ins Dorf zurück. Doch erwartet man von einer Frau, dass sie sich tötet, um nicht verschleppt werden zu können.

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Eine weitere Serie, die in der gleichen Zeit wie „Poong“ spielen könnte (es wird keine genaue Angabe gemacht), dürfte Knight Flower sein. Auch hier ist die Heldin eine Witwe, von welcher erwartet wird, dass sie sich das Leben nimmt, damit sich die Familie finanziell bereichern kann und ihr Schwager einen Beamtenposten erhält.

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Dass das Ideal, was zur Einführung des Konfuzianismus führte, vielleicht ein anderes war, davon erzählt unter anderem Six Flying Dragons. Die Serie erzählt von der Gründung Joseons und den Ideen, die hinter der Einführung des Konfuzianismus standen. Dass die Problematik „Frauenrechte“ in der Serie ausgeklammert wird, könnte richtig sein. Das Gesetzbuch23, mit welchem die frauenverachtende Politik erst so richtig anfing und gesetzlich festgeschrieben wurde, wurde erst 1485 veröffentlicht, also fast 100 Jahre nach der Gründung Joseons im Jahr 1392.

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Wikipedia weist auf einen wichtigen Kritikpunkt hin: Bei fast allen historischen K-Dramen wird zwar das Yeolnyeo-Ideal kritisiert, aber dennoch wird auch das Ideal der Jungfräulichkeit hochgehalten. Die Frauen, die zum Tod gezwungen werden, sind in den meisten Geschichten noch Jungfrauen. Ihr Mann starb sogar in der Regel vor der Hochzeit24 und somit vor dem Vollzug des Geschlechtsverkehrs.

Es ist auffallend, dass das Yeolnyeo-Prinzip noch nicht aus der koreanischen Gesellschaft verschwunden ist. Moderne Koreanerinnen und Koreaner halten es zwar nicht mehr hoch, doch bei der älteren Generation dürfte es noch in den Köpfen sein. Es ist sehr schade, dass K-Dramen da nicht allgemein ein wenig revolutionärer sind. Oft ist es ein Merkmal eines K-Dramas, dass vor allem die weibliche Hauptperson jungfräulich und sehr konservativ ist. Hierzu habe ich hier etwas geschreiben.

Anmerkung: Yeolnyeo und der jungfräuliche Geist

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Einen Punkt fand ich nirgends, doch ist er – glaube ich – spannend.

Wenn sich eine Frau aus Liebe oder aus Gehorsam das Leben nimmt, ist dies aus religiöser Sicht vielleicht kein Problem, aber was ist, wenn sie zum Selbstmord gezwungen wird und noch Jungfrau ist? Könnte dann nicht der Groll der toten Jungfrau, bzw. des Geistes der toten Jungfrau, die Harmonie von Himmel und Erde stören? Eine Jungfrau, die zum Tode gezwungen wird und sich wünschte, mit einem Mann zu schlafen, kann nach ihrem Tod zu einem bösen Geist werden, der dann die Bewohner eines Hauses terrorisiert. Wie hat man das verhindert?

Das klingt lustig, ist aber ein echtes Problem, wozu es bereits hier einen Artikel auf K-Drama.de gibt.

Anmerkungen:

  • 1이, „삼종지도 (三從之道)“.
  • 2박, „열녀 (烈女)“. Als Autor wird Wang Shu aus Qi genannt.
  • 3Hye-sun Lee und Gyeong-mi Kim, „The Tale of Virtuous Women in Korea“, Wolin, 2002, nach 김, „열녀“.
  • 4Die Aufzählung entstammt 김.
  • 5Kang Myeong-gwan bewertete die tugendhaften Frauen von Joseon als „erfunden“ von Adligen, doch die Zahl tugendhafter Frauen nahm während der Ming- und Qing-Dynastien rasch zu. Ta Jeong-Gwan wies darauf hin, dass der Grund für den raschen Anstieg der Zahl tugendhafter Frauen während der Ming- und Qing-Dynastien nicht nur die Hingabe von Frauen an den Konfuzianismus war, sondern auch durch die Ermutigung von Männern geschah, die durch die Prüfungen gefallen waren (sie verstanden deshalb Konfuzius nicht) (Kang Myeong-Gwan, erste Auflage, 2009, S. 46-47; geschrieben von Ta Jeong-Gwan, übersetzt von Lee Jae-Jeong, „Women who died in the name of Confucius“, Yemunseowon, 1999).
    (Hinweis stammt von 김.)
  • 6박, „열녀 (烈女)“.
  • 7Ko, „A History of Women in Gwangju“.
  • 8Ko.
  • 9Haboush, „Filial Emotions and Filial Values“.
  • 10MUCHADOBOUTLOVE, „Women of the Joseon Dynasty (Part 1)“.
  • 11박, „열녀 (烈女)“.
  • 12Dem Gyeongguk Daejeon
  • 13Willoughby, „The Performance of Virtue and the Loss of Female Individuality in Choson Korea“. nach „Yeolnyeo“.
  • 14„Yeolnyeo“.und „열녀“.
  • 15박, „열녀 (烈女)“.
  • 16박.
  • 17박.
  • 18박.
  • 19박.
  • 20박.
  • 21Laut dem „Dongguk Shinsok Samgang Haengsildo“ 동국신속삼강행실도, Ein Höflichkeitsbuch, das 1617 veröffentlicht wurde (전, „동국신속삼강행실도 (東國新續三綱行實圖)“.)
  • 22박, „열녀 (烈女)“.
  • 23Das Gyeongguk Daejeon
  • 24„Yeolnyeo“.

Quellenangaben:

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