Die Hauptcharaktere eines K-Dramas
Der unperfekte Mensch
Schrulligkeit
Wie schon in Merkmale eines K-Dramas erwähnt, sind die Hauptcharaktere oft etwas schrullig oder seltsam. Das macht sie zu etwas Besonderem. In „Dali and the cocky Prince“ sind beide Figuren recht schrullig. Er ist überhaupt nicht intellektuell, kann aber gut mit Geld umgehen, sie ist super intellektuell, kann aber nicht mit dem Kapitalismus umgehen. So lange sie zusammenhalten, sind sie das perfekte Paar.
Meist ist eine der Hauptfiguren etwas konservativ und verändert sich im Laufe des K-Dramas und wird offener, moderner. In „Because this is my first Life“ zum Beispiel, versuchen unsere Hauptfiguren die traditionellen Vorstellungen von Ehe zu leben und müssen feststellen, dass sie so nicht glücklich werden. Am Ende erfinden sie die Ehe, die sie glücklich macht, selbst.
Veränderung und Selbstakzeptanz
Veränderungen sind das, was ein K-Drama letzten Endes spannend macht. Wir fragen uns: Wohin wird sich die Hauptperson entwickeln? Wird sie diese Fähigkeit entwickeln können? Wird sie ihre Verhaltensweisen oder ihr Denken ändern können? Kann sie ihre Träume anpassen? Und so weiter. Das eigentlich Spannende ist oft nicht die Handlung, sondern die Veränderung in den Personen im Laufe des Dramas. Oft müssen sie sich verändern, um ein zufriedenes Leben leben zu können und um ein Problem zu lösen. Deshalb ist ein „unperfekter Mensch“ ideal als Hauptfigur. Egal, wie großartig er/sie ist, es müssen Eigenheiten vorhanden sein, die zu ändern für den Hauptcharakter positiv sind. Das sind nicht nur Charaktereigenschaften, sondern auch Träume, Wünsche, allgemeine Einstellungen zu Menschen oder Sachverhalten und so weiter.
Das Glück besteht meist darin, sich selbst zu erkennen, die eigenen Wünsche und Fehler zu akzeptieren und versuchen, ihnen gemäß zu leben – dabei aber die Realität gleichfalls zu akzeptieren. Doch dazu später mehr.
Zu „Doctor Slump“ kann man auf der Website des Dramas lesen:
„In dieser Geschichte geht es darum, angemessenes Glück zu finden, indem man Zeit miteinander verbringt, anstatt darum zu kämpfen, die Probleme zu überwinden.
Die Einstellung, kleine Dinge in Ruhe loszulassen. Und zu leben ohne sich selbst zu quälen. Eine Geschichte darüber, gemeinsam diesen Weg zu finden.“
Symathieträger
Der Idealtyp
Es gibt den Menschen, der ein Ideal von uns darstellt. Wir wollen so sein, wie dieser Mensch. Das ist der coole Held, der vor nichts zurückschreckt und Probleme tatkräftig angeht. Klassische Beispiele sind hier „IRIS“ oder „Healer“ oder „Happiness“ als ein etwas neueres Beispiel. Die Helden und Heldinnen sind ziemlich cool und stellen sich den Problemen (im letzteren Drama den Zombies) und lassen sich durch nichts einschüchtern.
Der Mensch mit unseren Problemen
Und dann ist da der Mensch, der unsere Fehler, unsere Probleme hat. Dieser Mensch ist wie wir. Da ist zum Beispiel die junge Frau mit Pickeln, die sich hässlich fühlt, oder der ängstliche Mann, der gerne mutiger wäre. In „My Secret Terrius“ zum Beispiel haben wir die Hausfrau und Mutter, die einen coolen Geheimagenten kennenlernt und aus ihrem langweiligen Leben ausbricht. Oder ganz anders: In „Angel’s Last Mission: Love“ ist die Hauptperson eine verbitterte junge Frau – und dann kommt ein Engel und steht ihr zur Seite.
Die Mischung machts
Aber auch reiche Menschen verkörpern oft den Typ „So wäre ich auch gern“. In Crash Landing on You sind beide Hauptfiguren eher so, wie wir gerne wären, reich, erfolgreich und cool, und die anderen Figuren um sie herum verkörpern eher uns, die „normalen“ Menschen, die eher unsere Probleme haben. Dadurch haben wir eine Serie mit sehr vielen Sympathieträgern. Wir können uns mit den Helden identifizieren, die irgendwie cool sind, wir können uns aber auch in den Menschen sehen, die um sie herum sind. Irgendwie sind dann alle zusammen, so wie wir sind und so, wie wir gerne wären.
Männer- und Frauen-Darstellungen
Während ich das schreibe, fällt mir auf, dass die positiven Helden meist Männer sind und die Menschen mit Problemen meist Frauen. Nicht immer, aber es scheint eine gewisse Häufung in K-Dramen zu existieren. Viele moderne K-Dramen versuchen diese Stereotypen zu durchbrechen. Am lustigsten gelingt das in Strong Girl Nam-soon, wo die Frauen alle Superheldinnen sind und die Männer echte sympathische Waschlappen.
Die Guten:
Die Guten gehören zu beiden Typen der oben genannten Identifikationsfiguren. Mit „die Guten“ meine ich nicht, die absolut Guten. Auch hier gibt es etwa 2 Typen der Guten:
Die offen Guten
Ein guter, warmherziger Mensch, der von einem Teil seiner Mitmenschen zumindest auch so gesehen wird. Zum Beispiel eine junge Frau, die sich um ihre Großmutter kümmert, wie in „My Mister“. Das macht sie so, dass es eigentlich niemand weiß, doch wir und ihre Großmutter wissen es.
Die versteckt Guten
Es gibt aber auch den vermeintlich „bösen Charakter“, der dann aber zum Beispiel streunende Katzen füttert oder einem Menschen heimlich hilft, wie zum Beispiel die Geldverleiherin in „Rain Or Shine“. Sie scheint die Not der Menschen auszunutzen, doch kümmert sie sich immer wieder um unseren Helden, wie andere um eine streunende Katze. Mit der Zeit erfahren wir, dass dieses „Ausnutzen“ nicht so ganz stimmt. Es war nur unser Blick auf einen Kredithai. In Wirklichkeit gehört sie zu den Guten.
Eine besondere Form des Versteckt-Guten haben wir in „Queen of Tears„. Der männliche Held leidet unter seiner Frau. Wir haben Verständnis für ihn, er ist unser Held und wir wollen, dass er glücklich wird. Doch dann freut er sich, dass sie, seine Frau, stirbt! Da schreien wir innerlich auf und schauen weiter, weil wir denken „Nein, dass kann nicht sein! Er kann nicht so böse sein!“
Ähnlich funktionieren auch „Flower of Evil“ oder „Beyond Evil„. Der Hauptcharakter soll ein Mörder sein? Nein, das kann nicht sein! Ich muss weiterschauen!
Zuordnung des Hauptcharakters
Prinzipiell gehört der Hauptcharakter immer zu den Guten. Er sorgt sich um andere, auch wenn er das nicht immer offen zeigt. Häufig übernimmt er Verantwortung für andere, was übrigens auch ein typisch koreanisches Element ist. Er leidet oft an etwas (auch wenn er ein Idealtyp ist), das wir entweder offen sehen, oder dass wir erahnen können. Im Laufe der Geschichte ist die Auseinandersetzung mit diesem Leiden wichtig, um die Geschichte voranzutreiben und um sie spannend zu halten. Ein schönes Beispiel hierfür ist „The Greatest Love“. Sie ist ein ehemaliges K-Pop-Idol, doch nun tingelt sie nur noch in kleinen Clubs und versucht ihre ganze Familie zu ernähren. Warum sie in Ungnade fiel und nun dieses Leben lebt, wissen wir nicht, doch langsam erfahren wir die Wahrheit – und eine mögliche Lösung des Problems.
Die Bösen:
Es ist wichtig, dass die Bösen immer auch gute Seiten haben, denn nur so, können sie sich entwickeln, können auch sie einen inneren Konflikt haben und wir Zuschauer wissen nicht, wie sie ihn lösen werden.
Der Böse sollte nie absolut böse sein. Optimal ist ein Böser, der wegen einem Leid, das er erfahren hat, böse wurde, oder der, weil er einen Menschen schützen möchte, sich genötigt fühlt, Böses zu tun. Dies verhindert das Schwarz-Weiß-Denken. Es ist zwar klar, wer der Böse ist und wer der Gute, doch auch der Böse muss eine Chance haben, sich zu verändern. Er ist auf Grund von Umständen zu etwas geworden, zu dem wir auch hätten werden können – theoretisch – auch wenn wir es nicht geworden sind. Das Böse ist unser Schatten, den wir selbst bekämpfen wollen. Es ist somit eine Art Negativ-Sympathie-Träger.
Eine Geschichte kann dadurch zusätzlich an Spannung gewinnen, wenn auch der Böse sich entwickeln darf, wenn in ihm verschiedene Seiten streiten und wir nicht wissen, welche die Oberhand gewinnt.
Natürlich kann der Böse bis zum Ende böse sein. Er muss nicht gut werden, doch ist es besser, wenn wir nie so genau wissen, zu was er sich noch entwickeln könnte, um die Spannung zu erhöhen.
Serien ohne bösen Hauptcharakter
Beispiele
Das sind oft eher anspruchsvollere Serien. Das Ziel ist nicht, gegen das Böse zu bestehen, sondern gegen sich selbst zu bestehen. Die Hauptcharaktere stehen sich hier meist selbst im Weg. Bei „My Mister“ zum Beispiel ist das Problem nicht der böse Schuldeneintreiber, sondern, dass unsere Heldin nicht weiß, wie sie aus dem Loch herauskommen soll. „Fight For My Way“ ist gleichfalls ein Drama ohne Bösewicht. Unsere Heldinnen und Helden haben keine guten Schulabschlüsse, doch haben sie Träume von dem idealen Job, an den sie nicht herankommen. Um zu entdecken, was ihnen wirklich fehlt und was sie glücklich macht, müssen sie zu sich selbst, ihren Sehnsüchten und Fehlern stehen können und dann finden sie den richtigen Weg.
Der Hauptcharakter
Einen bösen Charakter zu haben als Antagonist macht es einfacher, ein spannendes Drama zu schreiben, deshalb gibt es ihn so häufig. Wenn wir selbst das größte Hindernis in unserem Leben sind, ist es schwieriger, Spannung aufzubauen, doch es geht. Der Hauptcharakter muss hier eine starke Identifikationsfigur, ein starker Symathieträger sein. Er muss sein, wie wir, doch es letzten Endes besser machen, als wir es bisher geschafft haben. Als Symathieträger hat er die Probleme, die wir auch haben, hat aber oft auch eine Coolness oder Ähnliches, was wir auch gerne hätten. Wir wollen wie er unser Leben, mit dem wir nicht zufrieden sind, angehen. Wir sehen uns in dem Charakter, schauen aber auch etwas zu ihm auf.
My Mister
Eine andere Art ist die Hauptperson in „My Mister“: Sie sitzt in einem solch tiefen Loch, aus dem es eigentlich unmöglich erscheint herauszukommen. Doch wenn sie es schafft, dann wissen wir, dass auch wir es schaffen können aus unseren – nicht ganz so tiefen – Löchern herauszukommen. Auch sie ist ein positiver Charakter, weil sie nicht wegläuft und für ihre Großmutter, die sie schützt, Dinge erträgt, die wir vielleicht nicht ertragen würden. Wir wollen so stark sein können wie sie und wünschen uns, dass solch ein aufopfernder, fürsorglicher Charakter am Ende gewinnt, auch wenn wir keine Ahnung haben, wie das gehen soll.
Komödien
Komödien haben auch oft keinen bösen Hauptcharakter. Auch hier sind es die eigenen inneren Schranken und Hindernisse, die die Protagonisten überwinden müssen, um zueinander zu kommen.
In „What‘s Wrong With Secretary Kim?“ wissen wir als Zuschauen schon lange, dass die beiden ein Paar sind, nur sie wissen es noch nicht, weil sie erst das für sie Undenkbare denken lernen müssen. Und hier stehen ihnen Gewohnheiten und Traditionen im Weg, aber auch alte Traumata, die sie angehen müssen.
It’s Okay
Das Gleiche gilt für „It’s Okay to Not Be Okay“ oder „It’s Okay, That’s Love“. Es ist Okay du selbst zu sein, ist hier, in den letzten beiden genannten Dramen, das, was sie lernen müssen. Die Hauptcharaktere glauben, sie müssten sich ändern, um lieben zu dürfen – und genau deshalb, stehen sie sich selbst im Wege. Sie wollen sich ändern, doch die eigentliche wichtige Änderung ist die Selbstakzeptanz.
Gefühle und Emotionen
Damit uns ein Charakter sympathisch wird, muss er Gefühle zeigen. Wenn jemand nur cool ist, über allem steht und ihn oder sie nichts berührt, dann mögen wir die Person nicht sonderlich. Wenn unsere Hauptperson alles kalt lässt, dann lässt uns auch die Hauptperson kalt.
Bei K-Dramas ist es nicht so wichtig, diesen Punkt zu erwähnen, da koreanische Männer eh sehr emotional sind. Doch inzwischen gibt es viele Serien auf Netflix und vor allem auf Disney+, bei denen man nicht mehr von K-Dramas sprechen kann, sondern nur noch von Action-Buddy-Serien mit koreanischen Schauspielern.
Wir wollen oft Idole, zu denen wir aufblicken können, aber wenn sie zu perfekt sind, dann sind sie auch keine Menschen mehr. Die Helden können cool sein und meistens keine Gefühle zeigen, aber so ab und an muss etwas aufblitzen, damit wir erahnen können, wie es in ihnen aussieht, dass auch ihre Coolness Risse hat. Dann sind sie echt cool.
Während in westlichen Serien die männlichen Helden meist keine Gefühle zeigen oder nur sehr wenige, ist es in K-Dramen üblich, dass Männer sehr starke Gefühle zeigen. Die männlichen Helden sind immer sehr menschlich, können aber auch stark sein, wenn es sein muss. Und manchmal muss die Frau stark sein, weil gerade der Mann schwach ist.
Das Zeigen von Emotionen ist ein sehr starkes, K-Drama-typisches Element. Wenn die Männer zu cool werden, dann ist es kein K-Drama mehr, dann ist es nur noch eine Serie mit koreanischen Darstellern.