wie man gute K-Dramas schreibt Teil 1b

Merkmale eines K-Dramas

Falls ihr schon immer mal wissen wollt, was gute K-Dramen von anderen Serien unterscheidet, dann ist dieser Text für euch.

Was macht ein K-Drama zu einem K-Drama?

Das K!

Man kann kein deutsches K-Drama schreiben, denn das wäre ja dann ein D-Drama (siehe unten).

Netflix, Disney und andere investieren viel Geld in „K-Dramas“, doch sind es häufig einfach nur N-Dramas (Netflix-Dramen) oder Disney-Dramen mit koreanischen Schauspielern. Inzwischen scheint sich das etwas zu wandeln und sie scheinen die Bedeutung des K langsam verstanden zu haben – aber nur langsam.

Ein K-Drama ist dann Koreanisch, wenn es Korea-Typisches enthält. Die Personen müssen sich wie „typische Koreaner“ verhalten, nicht wie Amerikaner oder Deutsche. Die Story darf nicht austauschbar sein. Serien wie „A Model Family“ oder „My Name“ könnten auch in Chicago spielen. Man müsste fast nichts ändern. Auch in Amerika leben viele Menschen mit asiatischen, bzw. koreanischen Aussehen. Das sind keine K-Dramen.

In Korea gibt es andere Regeln, was Anstand angeht, andere Probleme der Paarfindung, viele Wohnungen sind anders, es gibt Kredithaie (legal), Camping und Ausflüge sind anders, die Bedeutung des Mondes ist eine andere, Beerdigungen und Gedenkfeiern sind anders, usw. Gerade diese Besonderheiten sind wichtig, um ein echtes K-Drama zu erschaffen.

Die Koreanische Welle schwappte schon vor Netflix über die Welt, mit sehr korea-typischen Geschichten. Manche wollen nun auch auf dieser Welle reiten, lassen aber das Korea-Typische weg und lassen lediglich die Serien in Korea herstellen. Das wird auf Dauer nichts.

Wenn eine Serie nichts Landestypisches hat, kann sie sicherlich erfolgreich sein, doch wenn K-Dramas letzten Endes inhaltlich identisch sind mit englischen Serien oder deutschen, wozu brauchen wir dann noch K-Dramas? Wegen der schönen Gesichter?

Und so nebenbei: Die besten Bonds waren auch die, die den typisch britischen Humor hatten und in denen Bond einen Aston Martin fährt. Oder?

Die Auseinandersetzung mit „der Gesellschaft“

Die meisten K-Dramen sind nicht einfach nur Geschichten, sie beleuchten häufig auch ein bestimmtes Thema kritisch. So geht es in „Mother“ um die Frage, was eine gute Mutter ausmacht und wann man sich Mutter nennen darf. „Crash Landing on You“ ist eine Auseinandersetzung mit zwei verschiedenen Gesellschaftssystemen und am Ende steht die Frage: Gibt es Gründe für Nordkoreaner in Südkorea zu bleiben? „Because this is my first Life“ bietet ein Nachdenken über die Institution der Ehe und welche damit zusammenhängende koreanische Sitten und Gebräuche Sinn machen – und welche nicht. Auch die Botschaften „Es ist Okay, so zu sein, wie du bist!“ ist eine ernsthafte Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und eigenen Erwartungen an sich selbst (zum Beispiel It’s Okay, That’s Love oder It’s Okay to Not Be Okay). Sehr häufig denken die Hauptpersonen auch über das Leben nach, über Schuld, über Schicksal, über gesellschaftliche Ungerechtigkeiten und so weiter.

Es fällt mir deshalb immer wieder auf, wenn ich deutsche oder amerikanische Serien anschaue, wie „flach“ sie mir vorkommen. Es gibt eigentlich keine kritische Auseinandersetzungen mit gesellschaftlichen Zuständen, und die Lebensphilosophien der Helden sind bestenfalls Küchenlatein. In einer Serie sollte es indirekt auch immer darum gehen, in welcher Gesellschaft wir leben wollen, was für Menschen wir sein wollen und so weiter, sonst ist es nur eine belanglose Geschichte.

Zu zwei Aspekten von häufiger verkommender Kritik gibt es übrigens extra extra Beiträge:

https://k-drama.de/was-ist-hell-joseon-die-joseon-hoelle/

Warum ist das heutige Korea “Hell Joseon”?

Für viele, vor allem junge Koreaner, ist Korea die “Joseon Hölle” (Hell Joseon). Hier ein paar Hintergründe und Erklärungen dazu.

https://k-drama.de/schule-in-korea/

Schule in Korea

Das koreanische Schulsystem ähnelt eher dem der USA, doch lernen die Schülerinnen mehr, sind gestresster und bis 2021 gab es offiziell sogar noch körperliche Strafen.

Dieser Beitrag listet Serien auf, die sich kritisch mit dem koreanischen Schulsystem auseinandersetzen.

Der koreanische Humor

Strong Girl Nam-soon

Der koreanische Humor erinnert doch sehr an “Dick und Doof” oder “Buster Keaton” und ähnliche. Man könnte ihn auch als Slapstick oder als comic-artigen Humor bezeichnen. Dies ist etwas, das nicht jedem liegt. Wir sehen sehr viel davon zum Beispiel in Strong Woman Do Bong Soon oder My Only Love Song.

Humor findet man in fast allen K-Dramas, wenn auch meist nicht so viel davon, wie in den beiden vorgenannten. Am häufigsten wird dieser slapstick-artige Humor durch eine Person vertreten, die wie eine Art Sidekick auftritt. Es ist meist ein “gutmütiger Trottel”, den wir in unser Herz schließen und der immer wieder für Lacher sorgt. In Dae Jang Geum (Jewel In The Palace) ist es zum Beispiel ihr Stiefvater, in Crash Landing on You sind es die Untergebenen des Hauptmanns (des Helden), in My Demon der Diener des Dämons usw. Gerade schaute ich Knight Flower, da wurde die Rolle zunächst von 3 Männern, die für ihre Familien Nahrung stehlen wollen, verkörpert und dann anschließend vom wiederkehrenden Ehemann.

Der Comicartige Humor zeigt sich in vielen Komödien auch durch seltsame Geräusche, welche durch Bewegungen “verursacht” werden. So hören wir oft das Kopfdrehen oder Blinzeln einer Person oder es fliegen plötzlich Herzchen über den Bildschirm, wenn sie sich verlieben. Auch das erinnert sehr an Comics, an das Quietsch, Bumms etc. So etwas sah ich bislang nur in K-Dramas.

In K-Dramen werden manche Handlungen und Personen überzeichnet. Viele Komödien wollen gar nicht realistisch sein, sondern wollen den etwas absurden Charakter behalten. Dies hat auch etwas von dem “Brechtschen Theater”, wie ich es weiter unten beschreibe. Durch die Überzeichnung, aber auch durch das Comichafte, bleibt uns bewusst, dass es eine Serie ist und es nur Unterhaltung sein will, nicht mehr.

Das Pärchenalter

In den meisten koreanischen Serien ist das Pärchen gleich alt – sogar in historischen K-Dramas, die auf einer wahren Geschichte beruhen (z.B. in The Red Sleeve). Das gleiche Alter zu haben, ist also nicht eine Erfindung von K-Drama-Autoren, sondern hat tatsächlich Tradition (siehe zum Beispiel Die Geschichte von Prinz Sado, Lady Hyegyeong, Ui-bin Seong und König Jeongjo). Dies ist möglich, weil in Korea alle Menschen am 1. Januar um ein Jahr älter werden (siehe auch hier). Das hat man 2013 übrigens abgeschafft, inzwischen gilt das internationale Alter in Korea.

Es gibt extrem selten Pärchen in K-Dramen, bei welchen der Altersunterschied sehr groß ist. Hingegen sind große Altersunterschiede, wo Er deutlich älter ist als Sie, in amerikanischen und europäischen Serien extrem häufig – ja vielleicht sogar die Regel.

Doch es gibt Ausnahmen, interessante Ausnahmen. So gibt es K-Dramen, in denen Sie deutlich älter ist als Er – und nicht gerade wenige. Dazu habe ich hier einen kleinen Text geschrieben:

Hier gehts zum Beitrag.

https://k-drama.de/serien-in-denen-sie-aelter-ist-als-er/

Natürlich gibt es auch koreanische Serien, in welcher ER deutlich älter ist als SIE. Dazu gehe ich ein wenig im Beitrag “SIE ist älter als ER” ein, doch einen eigenen Beitrag dazu gibt es nicht. Er ist deutlich älter als Sie unter anderem in See you in my 19th Life, My Mister, Oh My Ghost, My Secret Terrius, Pasta, Because this is my first Life.

Das Schicksal

In K-Dramen gibt es eine Bestimmung. Menschen sind für einander bestimmt, weshalb sie sich immer wieder begegnen. In vielen K-Dramen begegnen sie sich mehrfach, bevor sie erkennen, dass sie sich schon einmal begegnet sind. Niemand kann Menschen trennen, die für einander bestimmt sind. Das Schicksal findet immer einen Weg, sie wieder zusammen zu führen.

Alles, was geschieht, geschieht letzten Endes, weil es so geschehen soll. Doch haben wir auch einen Einfluss darauf. Das Schicksal hilft uns, doch müssen auch wir aktiv werden.

In manchen Serien werden die Hauptpersonen wiedergeboren, wie zum Beispiel in The Legend Of The Blue Sea, oder in Marry My Husband, und haben nun die Aufgabe, das Schicksal zu beeinflussen, damit sich nicht das Gleiche wiederholt, wie in ihrem Leben zuvor.

Es gibt Serien, in denen das Schicksal nicht explizit erwähnt wird, dennoch wissen wir, dass die Hauptperson letzten Endes keine Wahl hat und tut, was sie tun muss.

Wiederkehrende Motive

Der Regenschirm

Was wäre ein K-Drama ohne den Regenschirm? Es ist fast ein Running-Gag. SIE steht im Regen und wir warten darauf, dass ER mit dem Regenschirm kommt. Natürlich gibt es die Szene auch umgekehrt: Er steht im Regen und Sie bringt den Schirm, doch nicht so häufig.

Der erste Schnee

Mit wem man zusammen ist, wenn der erste Schnee fällt, das ist die große Liebe – oder so. In vielen K-Dramen sind sie zusammen, haben sich aber noch nicht ihre Liebe gestanden – und dann fällt der erste Schnee. In manchen K-Dramen ist zum Beispiel die Hauptdarstellerin alleine und es fällt der erste Schnee, um ihre Einsamkeit zu betonen und wie sehr sie auf den Richtigen wartet. Der fallende Schnee bedeutet in K-Dramen immer, dass man mit dem/der Richtigen zusammen ist – oder dass man noch warten muss. Eine ähnlichen Funktion haben oft…

Fallende Kirschblüten

Fallende Kirschblüten haben ein ähnliches Symbol. Sie kommen dann zu Einsatz, wenn die Jahreszeit keinen Schneefall zulässt. Zudem gehen Wünsche in Erfüllung, wenn man ein Kirchblütenblatt fängt. Meist ist es auch hier der Wunsch die große Liebe zu finden.

Der gutmütige “Trottel”

Zu ihm habe ich schon weiter oben, unter der Überschrift “Der koreanische Humor” etwas geschrieben. es ist eine Figur, die in 90% aller K-Dramen vorkommt. In den auf K-Drama.de besprochenen Serien kommt er aktuell nur in Mother und in The World Of The Married nicht vor, oder zumindest konnte ich ihn nicht erkennen.

Das Ende und das Nebenher

Bindende Logik

Gute K-Dramen haben immer ein logisches Ende – kein unrealistisches. Wer eine Straftat begeht, muss am Ende dafür geradestehen. Die Hauptfigur muss für das, was sie getan hat, die Verantwortung übernehmen. In „Mother“ zum Beispiel, wird sie am Ende wegen Kindesentführung verurteilt. Zwar bekommt sie mildernde Umstände, weil sie durch die Entführung ein Menschenleben rettete, aber eine Kindesentführung bleibt eine Kindesentführung.

In „Crash Landing on You“ liebt eine Südkoreanerin einen Nordkoreaner. Dadurch ist es für sie nicht möglich, bis ans Ende ihrer Tage zusammenzuleben, wenn man realistisch bleiben will. Da sie jedoch beide nicht zur armen Bevölkerung gehören, ist die Lösung: Ein regelmäßiges Treffen in der Schweiz.

Das romantische Ende

Klassische K-Dramen enden übrigens meistens – wenn es romantische K-Dramen sind – mit dem Kuss, nicht mit der Hochzeit. Das wichtige ist, dass sie zusammen sind, nicht, dass sie heiraten. Wenn das Ziel erreicht ist, die „Heldenreise“ beendet ist, kann die Serie enden. Klassische K-Dramen sind deshalb am Ende meist nicht so kitschig, wie amerikanische Serien.

Leider nimmt der westlich-amerikanische Einfluss immer mehr zu, so dass moderne K-Dramen leider häufig mit einer kitschigen, konservativen Hochzeit enden, wie zum Beispiel Marry My Husband. Hier hat man nach dem eigentlichen Ende der “Heldenreise”, nachdem die Hauptpersonen alle Aufgaben erfüllt hatten und nun glücklich zusammen leben können, noch 30 Minuten konservative Heirats-und-Baby-bekommen-Romantik hinzugefügt. Warum? Das war zudem extrem langweilig.

Ein bisschen Brecht’sches Theater

Ein ebenfalls typisches Ende, was jedoch leider immer weniger zu sehen ist, ist, dass sich die Hauptpersonen am Ende der letzten Folge umdrehen und sich direkt bei den Zuschauern fürs Anschauen der Serie bedanken. Inzwischen sieht man häufig auch „Behind the Scenes“-Bilder. Beides hat den gleichen Effekt: Es erinnert uns Zuschauer daran, dass es nur ein Drama war, was wir da gesehen haben. Ein Spiel und nicht die Realität.

Dies wird auch häufig dadurch noch unterstrichen, dass bereits während die Serie läuft, Behind-the-scenes-Videos veröffentlicht werden, oder die Stars an Spielshows teilnehmen, Interviews geben, etc. Das starke Merchandising während die Serie läuft, erinnert uns gleichfalls immer wieder daran, dass es nur eine Serie ist.

Wie kann man ein K-Drama auf Deutsch drehen?

Prinzipiell gar nicht, wenn man obiger Logik folgt. Man kann jedoch ein D-Drama machen, das wie ein K-Drama ist, indem man auch hier Landestypisches mit reinbringt. Ein deutsches „K-Drama“ bräuchte demnach typische deutsche Verhaltensweisen, Sitten, Feste usw., um es zu etwas Besonderem zu machen. Dabei dürfen die Personen gerne auch etwas schrullig sein oder das Deutsch-Typische etwas übertrieben sein. In K-Dramas sind die Hauptpersonen häufig etwas schrullig (dazu komme ich später noch, in einem anderen Teil dieser Serie zu sprechen). Sie haben gewisse „Schrullitäten“, die sie einzigartig machen und aus der Masse hervorheben (natürlich nicht immer, aber meistens).

Gerade bei romantischen Serien sind die koreanischen Anstandsregeln sehr wichtig, um die Serie romantisch zu machen. Die Frage „Wann küssen sie sich endlich?“ macht den Zuschauer ja manchmal verrückt. Möchte man so etwas Ähnliches drehen, dann sollte es auch hier schwierig sein für die beiden zusammenzukommen und sich ihre Liebe zu gestehen. Je länger wir als Zuschauer auf Kohlen sitzen, desto aufregender wirds, meistens.

Weitere Texte über K-Dramen findet ihr u.a. unter:

Wie man gute K-Dramas schreibt
– Koreanische Welle – Hallyu – 한류
Über K-Dramas

ps:

Falls jemand Änderungsvorschläge hat und denkt “Hier fehlt doch etwas!”, dann schickt mir bitte eine Nachricht über das Kontaktformular.